Zwischen Technikbegeisterung und sozialen Werten
Künstliche Intelligenz ist Thema bei der Frühjahrskonferenz des Kolping-Bildungswerkes Paderborn
Fachreferenten und Organisatoren der diesjährigen Frühjahrskonferenz in Soest, eingerahmt von der Geschäftsführung des Kolping-Bildungswerkes Paderborn, Regina Schafmeister und Wolfgang Gelhard. Foto: Mario Polzer
„An die Arbeit, sonst macht’s die KI!“ Das ist die Schlusspointe einer täglichen Radio-Comedy. Diese humorvolle Betrachtung macht zwei Dinge deutlich: Künstliche Intelligenz ist in unserem Alltag angekommen. Und sie wird von vielen Menschen mit Skepsis oder sogar Sorge betrachtet. Welche Potenziale und Risiken Künstliche Intelligenz hat, aber auch, wie sich ein katholischer Sozialverband zu diesem Thema grundsätzlich positioniert, damit beschäftigten sich gut 140 Fach- und Führungskräfte des Kolping-Bildungswerkes Paderborn drei Tage lang (2. bis 4. Juni) bei ihrer alljährlichen Frühjahrskonferenz in Soest.
Bevor sich die Teilnehmenden dem Schwerpunktthema zuwandten, gaben Regina Schafmeister und Wolfgang Gelhard, gemeinsam Geschäftsführer des Kolping-Bildungswerkes Paderborn, einen Überblick über die positive Entwicklung der vergangenen Monate. Die knapp 2.760 Mitarbeitenden, die in der Holding und in 36 Tochterunternehmen an 86 Standorten im Gebiet des Erzbistums Paderborn tätig sind, erwirtschafteten 2024 einen Umsatz von ca. 130 Mio. Euro. In den vergangenen 15 Jahren hat die Kolping-Gruppe Paderborn die Diversifizierung ihrer Geschäftsfelder entlang der gesamten Bildungskette konsequent vorangetrieben. „Diese breite Aufstellung ist heute unsere Stärke“, betonte Wolfgang Gelhard. Von den insgesamt acht Geschäftsfeldern verzeichneten zuletzt die Kindertagesstätten und die Betreuung Geflüchteter das größte Wachstum.
Was würde Adolph Kolping, der von 1813 bis 1865 gelebt hat, zu Künstlicher Intelligenz sagen? Das hatte Regina Schafmeister zum Einstieg ins Schwerpunktthema der Tagung ChatGPT gefragt. Kolping wäre, so antwortete der KI-Chatbot, wie früher offen für Neues und würde die Chancen erkennen, hätte als Wegbereiter der katholischen Soziallehre aber auch kritische Anmerkungen – vor allem die, dass der Mensch bei aller Technikbegeisterung nicht auf der Strecke bleiben dürfe.
Wie das gelingen kann, zeigte Prof. Dr. Heiko Kopf in seinem Vortrag. Er forscht und lehrt an der Hochschule Hamm-Lippstadt unter anderem zur digitalen Transformation. Zunächst machte er deutlich, dass das negative Image Künstlicher Intelligenz aus Science-Fiction-Filmen der 1970er- bis 2000er-Jahre stammt. „Hier werden Computer und Roboter als Gegner der Menschen dargestellt, die ihnen überlegen sind.“ Ein solches Szenario sei aber – nach heutigem Stand der Technik ebenso wie in Zukunft – reine Fiktion. „Künstliche Intelligenz hilft, die vorhandenen Kompetenzen für die richtigen Dinge einzusetzen“, betonte Prof. Kopf.
Für das Kolping-Bildungswerk Paderborn hatte er einige sehr konkrete Ideen und Empfehlungen. Neben wiederkehrenden Tätigkeiten wie Dokumentenanalyse und -erstellung kann Künstliche Intelligenz zum Beispiel Lernmaterial in einfache Sprache oder Fremdsprachen übersetzen. Mit KI-gestützten Simulationen sind Eins-zu-eins-Lernsituationen auch in größeren Gruppen möglich. Als „Lernbuddy“ kann KI individuell bei der Prüfungsvorbereitung helfen. In der Robotik wird sie bei der sozialen Interaktion mit älteren Menschen und Kindern schon heute eingesetzt.
In fünf Workshops vertieften die Konferenzteilnehmenden einzelne Aspekte des Themas. Dr. Daniel Wittig, Fachanwalt für IT-Recht in Paderborn, informierte über die aktuelle Rechtslage zum Datenschutz und zum Urheberrecht bei der Anwendung Künstlicher Intelligenz. „Die Datenschutz-Grundverordnung wirkt darauf hin, so wenige Daten wie möglich zu speichern und zu verarbeiten“, erläuterte er. „Das widerspricht dem Konzept Künstlicher Intelligenz, die viele Daten braucht, um wirkungsvoll zu arbeiten.“ Derzeit gebe die Rechtsprechung noch keine pauschalen Antworten. „Oft sind die einzelne KI und ihre Anwendung entscheidend.“ Klar ist aber, dass sensible Daten und Geschäftsgeheimnisse nicht in den Datenpool einer Künstlichen Intelligenz gehören.
„KI und Ethik“ war das Thema des Vortrags und eines Workshops von Timo Greger. Er ist Philosoph an der Ludwig-Maximilians-Universität München und forscht und lehrt dort zu Ethik und politischer Philosophie. Mit der Geschwindigkeit der technischen Entwicklung kann die Ethik nicht Schritt halten, sagt er: „Die Gefahr ist, dass die Wissenschaft realitätsfremder wird.“ Seine Empfehlung: „Der Kern von Kolping ist die Menschlichkeit. Menschen bei ihrer Entwicklung zu unterstützen, aber auch das Zwischenmenschliche unter den Mitarbeitenden. Diesen Kern sollte Kolping nicht verlassen.“
Der Sozialreformer Adolph Kolping würde dem sicherlich zustimmen. Und so gilt es für das Kolping-Bildungswerk Paderborn, sich auch gesellschaftlich zu Künstlicher Intelligenz zu positionieren, so wie Adolph Kolping sich im 19. Jahrhundert zur Sozialen Frage positioniert hat. „Die Frage ist nicht, ob wir uns mit Künstlicher Intelligenz befassen, sondern wie wir damit in Zukunft umgehen werden“, so fassten es die Geschäftsführer Regina Schafmeister und Wolfgang Gelhard zum Abschluss der Frühjahrskonferenz zusammen.